Samstag, 4. März 2017

Lichtmalerei: P. hat eine neue Kunsttechnik entwickelt. Secret. Dimensionen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar, hat P. sichtbar gemacht. Vernissage der Tafeln mit Lichtkunst von P. in der Stadtpfarrkirche St. Wolfgang in Regensburg. Der Pfarrer von St. Wolfgang, ein dynamischer schlanker älterer Herr, dirigiert sanft die Zeitabläufe des Abends. Am nächsten Tag in den frühen Morgenstunden geht sein Flieger nach Jerusalem.

Bernd M. Nestler 2017_Lichttechnik

Bernd M. Nestler 2017_Lichttechnik

Nach der Vernissage in einer Pizzeria. Der über achtzigjährige Pfarrer neben P. berichtet über Tests mit den E-Autos von Tesla und verspeist genüßlich eine Pizza Diavolo.Dr. R. aktualisiert die Nachrichtenlage:Der deutsche und der türkische Außenminister wollen sich wegen der türkischen Wahlkampfauftritte in Deutschland treffen wollen. Der betagte Pfarrer erzählt von der Bombennacht am 17. August 1943 in Regensburg. Es habe in den 1950er Jahren ein Theaterstück über einen US-Kampfpiloten gegeben, der Regensburg bombardiert hat.

Der Chauffeuer des betagten Pfarrers, ein junger Mann, kommentiert die Erzählung des zweiten Bürgermeisters i.R. über ein neu geschaffenes Stadtzentrum in einer kleinen Gemeinde: Er sei zu dieser Zeit – Ende der 1980er Jahre – noch nicht auf Erden gewesen, nicht einmal als Idee.

Ein jeder wandelt in seiner Welt über die Erde. Zeitversetzt. Parallelwelten.

 

Sonntag, 5. März 2017

Bücher – ich vergaß meinen E-Book-Reader mit nach Regensburg zu nehmen. Panik. Ich stelle mir einen Menschen in einer Gefängniszelle vor, der keinen Zugang zu geistiger Nahrung hat. Panik.

Spuren in der Bibliothek von R.N.

Im Haus gibt es Restbestände aus der Bibliothek von P.s Vater. Gesundheit, Yoga, sakrale Kunsthistorie. Die Suche nach Romanen fehlgeschlagen. P.s Vater war Altphilologe und Arzt, ebenso seine Frau. Die Bücher, die er gelesen, erzählen von ihm. Unterstrichene Sätze, Ansichtskarten von Schneelandschaften im Gebirge aus dem vorigen Jahrhundert, Hotelrechnungen von Skiausflügen seiner Frau, Visitenkarten von Medizinbedarfszulieferern zwischen den Seiten. Die Bücher führen mich zu R.N., zu seinen Wünschen, Sehnsüchten, zu den Quellen seiner Lebensgeschichten.