Samstag, 9.7.2016
Das Töten sei ein blinder Fleck den die Gesellschaft hat, hinter den sie nicht schauen mag, sagte so ähnlich der amerikanische Militärpsychologe und Offizier Dave Grossman. Aktuell werden live Tötungsdelikate übertragen über Facebook, wie den von Philando Castile. Das holt in jedes Menschen Realität Ereignisse, die weltweit geschehen. Das verändert die Welt. Wird es auch die Literatur verändern?
Die Welt dessen, der getötet hat, ist eine andere, als die Welt dessen, der nicht tötet.
Freitag, 22.7.2016
M. ruft P. an und fragt, ob er in München sei. Nein ist er nicht. Ich sitze neben ihn, alles sei okay. M. sagt, dass O. auf dem Land sei, nur L. in München, aber bei einer Firmenfeier, kein Grund zur Sorge. Ich rufe X. an. Er sitze zuhause auf dem Land im Wohnzimmer und schaue Fernsehen. Es sei unwahrscheinlich, dass der oder die Täter in seinem Wohnzimmer auftauchten und um sich schießen. Später ruft P. aus Köln an, erzählt, dass er Anfang August nach Portugal fliegt zur Hochzeit von Freunden. Er hat weder Fernsehen gesehen, noch Nachrichten gehört. Wie gut. Sollte ich auch nicht mehr tun. Die Weltlage ist wie sie ist, ob ich Nachrichten lese, höre, schaue oder nicht, oder?
Sonntag, 24.7.2016
Nur wenige Wanderer auf der Aueralm auf 1200 Höhenmetern unterhalb des Gipfels vom Fockenstein am späten Sonntagnachmittag. Die Temperaturen um die 20 Grad. Ausblick auf den Hirschberg, den Roß- und Buchstein, den Spitzing und in der Ferne die österreichischen Alpen. Weißbier, Wurstsalat, Rhabarberkuchen. Am Nachbartisch junge Leute vermutlich aus Griechenland. Frieden. Mir fällt das Lied ein, das K. gelegentlich in solchen Momenten sang: „Auf der Alm da gibt’s koa Sünd …“ Heimatfilm fünziger Jahre, Erotikfilm siebziger Jahre. Das war im vorigen Jahrhundert. Und immer Frieden.
Montag, 25.7.2016
In den Medien wird die Welt zu einer Bühne. Die Redakteure wählen aus, was auf die Bühne kommt, was durch Bühnenlicht bestrahlt wird, was im Hintergrund bleibt. Und wir die Zuschauer, die vom Film im Fernsehen, der Fiktion umschalten auf die medial dargebotene Bühne des Weltgeschehens sobald der Liveticker durch die Fiktion zieht, erzählen aus den dargebotenen Fakten Geschichten. Geschichten darüber, wie wir wollen, dass es weitergehen soll auf der Bühne.