Mittwoch, 11. Oktober 2017
An manchen Tagen begebe ich mich in das Grenzland zwischen Leben und Tod. Berufsbedingt. Nicht dass es dort nicht viel Freude gebe und zuweilen eine Überdosis Lebenskraft … Heute war es anders. Das Ende des Lebens stand im Raum. Die Angst. Die Panik. Die Hilflosigkeit.
Als ich am Abend nach Hause fuhr, steckte noch die Anspannung in mir. Nichts spannt mehr an, als die Angst eines Menschens vorm Sterben zu erleben. Sie verweist auf die eigene Ohnmacht und nicht nur die. Ich sah die regennasse Straße, den Wald, der bereits im Dunkeln verschwand, spürte die Geschwindigkeit, öffnete das Autofenster, roch den würzigen Duft des Herbstes, spürte die feuchte, kalte Luft. Alles Leben! Kraftstrotzend. Ich nahm alles auf wie später zu Hause die üppige Mahlzeit: eine Hähnchenkeule, italienische Vorspeisen, Weißbrot, zum Nachtisch zwei Kaffeeliköre und diese süße französische Köstlichkeit namens Macrone.
Freitag, 13. Oktober 2017
Als ich heute morgen in Bayrischzell aus dem Auto stieg atmete ich eine Luft, die leicht war, keine Schwere verursachte als sie die Lungen fühlte, ein Luft, die duftete nach Tannennadeln, Gebirgswasser und Felsgestein. Ich bestellte in der Biobäckerei Butz einen Espresso, verspeiste dazu ein Schmalzgebäck, betrachtete die Menschen, die die Bäckerei betraten: eine junge Frau mit Kind, das ein Stück Breze in die Hände gedrückt bekam. Eine Frau, die sich einen Milchkaffee mit einem Stück Apfelkuchen bestellte, um ihn in der kühlen Morgensonne draußen im Cafégarten zu verspeisen, ein ältere Herr, der erzählte, dass seine Frau heute von einer Reise zurückkomme.
Auf meinem Nachauseweg kam plötzlich auf der Bundesstraße zwischen Bayrischzell und Aurach eine Kuhherde mir entgegen. Schöne, kräftige Tiere, die sich durch die Autos drängten. Die Kühe schmiegten sich von beiden Seite an mein Auto an, klappten die Spiegel ein und zogen weiter auf die Weide. Innehalten zwischen Kuhleibern auf einer Bundesstraße.